Foto: der Autor mit Jochen Neerpasch
von UWE MAHLA
Der Mann hat im deutschen und internationalen Motorsport noch heute einen Ruf wie Donnerhall. Wie kaum ein anderer Zeitgenosse hat er im nationalen wie internationalen Motorsport mit wegweisenden Impulsen und wagemutigen Projekten Aufsehen erregende Entwicklungen eingeleitet und voran getrieben. Im März wurde Jochen Neerpasch 80. Und wieso wundert es niemanden, wenn man ihm das nicht ansieht?
Vor ungefähr 20 Jahren habe ich Jochen Neerpasch mal in einem Interview gefragt: Was ist heute für Sie wichtig im Leben? Er hat spontan geantwortet: „Die Freude am Fahren.“
Das verwundert weiter nicht, wenn man seine hinreichend bekannte Karriere im Hinterkopf hat. Weltklasse-Pilot im Porsche-Werksteam, Rennleiter bei Ford, BMW und Mercedes – mehr muss dazu nicht gesagt werden. Aber wie und dass die Freude am Fahren so früh ihren Lauf nahm, das wissen die wenigsten. Gern erzähle ich diese Geschichte hier zu seinem 80. Geburtstag noch einmal – mit Originalzitaten aus seiner Biografie „Denker und Lenker des Motorsports:
Rennleiter Jochen Neerpasch vor einem der allerersten BMW 3.0 CSL Credits: BMW Classic
“Schon als kleiner Junge, ich konnte noch kaum laufen, so haben mir meine Eltern erzählt, habe ich jeden Mittag auf einem kleinen Mäuerchen sitzend an einer Ecke auf meinen Vater gewartet, um die letzten Meter bis nach Hause mit ihm im Auto zu fahren.”
Jochens Vater Paul war Autohändler im niederrheinischen Krefeld. Er verkaufte und reparierte Autos der heute schon fast in Vergessenheit geratenen Marken Borgward, Goliath und Lloyd. Während Borgward, und im Speziellen die Isabella, für diese Zeit – Ende der 50er Jahre – als betont schick und sportlich galten, war Goliath so eine Art Preiswert-Ableger und der Lloyd verdiente sich große Popularität als sogenannter “Leukoplast-Bomber”. Von Isabella und Lloyd wird noch die Rede sein. Als der kleine Jochen groß genug war, um übers Armaturenbrett zu sehen, durfte er abends die auf dem Hof geparkten Autos in Vaters Werkstatt fahren. Und er erhielt auch andere Möglichkeiten, sowohl seine Freude am Fahren als auch seine fahrerischen Fähigkeiten zu erweitern. Heute, nach mehr als 60 Jahren, kann man ja darüber schmunzeln, vor Nachahmung muss jedoch dringend gewarnt werden.
ob mit oder ohne Führerschein! Das von ihm aus der Taufe gehobene Junior-Team prägte auf Jahrzehnte nicht nur den BMW-Nachwuchs. Credits: BMW Classic
“Mein Vater nahm mich oft mit nach Bremen, wenn Borgwards, Goliaths oder Lloyds nach Krefeld überführt wurden. Meistens wurden drei Autos mit einer “roten Nummer” im Konvoi überführt. Auto Nr. 1 hatte an der vorderen Stoßstange eine rote Nummer und Auto Nr. 3 an der hinteren. Mittendrin fuhr ich, ohne Nummernschild, das Auto Nr.2 die 300 km von Bremen nach Krefeld. Bei gelegentlichen Verkehrskontrollen machten wir einen so professionellen Eindruck, dass nach einem Führerschein nicht gefragtgefragt wurde. Damals war ich 12 Jahre alt.”
Warhol meets Neerpasch: Damit der Pop-Artist das Auto bemalen konnte, musste der Motor-Sport-Chef erstmal auf die Idee kommen, es als “Procar” zu erfinden. Credits: BMW Classic/Hardy Mutschler
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